Whiskybewertung
Johnnie Walker Red Label Blended Scotch Whisky
Ja, und hier muss ich nun eine kleine Vorgeschichte erzählen, bevor wir zur gewohnten Bewertung kommen.
Lange vor meiner intensiven Whisky-Verkostungszeit, also da war ich noch jugendlich frisch, habe ich mir ab und zu eine Flasche Whisky im Supermarkt mitgenommen. Zu der Zeit war ich ja eigentlich mehr auf Weinbrand aus, dieser schmeckte milder und süßer und war darüber hinaus auch noch günstiger als die Blended Whiskys. Ich muss gestehen, dass lange Jahre der deutsche Weinbrand Chantre eine meiner Lieblingsspirituosen war. Der Whisky, den ich, wenn ich das Geld hatte, am meisten kaufte, war der Tullamore Dew. Oft aber hatte ich das Geld nicht, zu dieser Zeit sparte ich auf ein kleines eigenes Haus und hatte zwei Kinder, die allerlei Bedürfnisse hatten, und so kaufte ich auch öfter den Ballentines. Auch ein schottischer Blended Whisky, der jedoch, zumindest zu diesen Zeiten, einiges günstiger war als "mein" Tollamore. Wer heute den Vergleich anstellt, wird einen nicht mehr so großen Preisunterschied finden, der Ballentines ist ein ganzes Stück teuerer geworden, aber, er ist leider nicht besser geworden. Erinnere ich mich doch an einen ziemlich rauhen Geschmack und starke alkoholische Schärfe. So fiel die Wahl lange Zeit auf den guten Weinbrand Chantre, der auch fast nur die Hälfte wie der Ballentines kostete. Und irgendwann kam die Zeit, da kaufte ich mir eine Flasche Johnnie Walker Red Label, mit dem Ergenbis, dass ich ihn mir bis heute nie wieder gekauft habe. Dazu muss man wissen, dass der Johnnie Walker einen Tick rauchig schmeckt, er hat also als Gewürz, zu seinem ansonsten ziemlich geschmacklosen Grain-Whisky-Hauptbestandteil, sowohl nicht rauchige als auch rauchige Malt-Whiskys dabei. Und was heißt hier jetzt Gewürz? Vereinfacht gesagt muss man sich das so vorstellen: Es wird ein sehr günstig herzustellender Grain-Whisky gebrannt (industriell mit Säulendestillationsanlagen), der zwar den Alkohol beibringt, aber kaum Geschmack. Deshalb muss man, damit am Ende ein Blended Whisky mit einem Minimum an Geschmack herauskommt, einen gewissen Anteil von verschiedenen Single-Malt-Whiskys dazufügen. Diese Whiskys werden handwerklich in Gärbottichen aus Kupfer, den sogenannten Pott-Stills, hergestellt und tragen nach der Destillation eine weitaus höhere Aromenfracht als reiner Grain-Whisky. Also mischt man das Gewürz "Malt-Whisky" in den Grain-Whisky (bei günstigen Blends vielleicht 10 - 15 %) und erhält einen Blended Whisky. Bei diesem geringen Gewürzgehalt bleibt natürlich auch nicht sehr viel Aroma für den Blend übrig. Aber durch einen Trick kann dieses Aroma schlagartig erhöht werden. Man mischt auch rauchig schmeckende Malt-Whiskys mit hinein. Und jeder, der Rauch nicht gewöhnt ist, schmeckt diesen nun auch in geringen Mengen im Blended Whisky und erhöht damit das Gesamtaroma im Blend. Nun ja, nun gibt es viele ungeübte Whiskytrinker, die den Rauch zunächst ablehnen und denen der Geschmack nicht gefällt. Dazu gehörte auch ich vor vielen, vielen Jahren, und deshalb habe ich bis auf den heutigen Tag keinen Johnnie Walker Red Label mehr gekauft.
Nach mittlerweile 80 verkosteten Whiskys und fast zwei handvoll rauchigen Whiskys darunter, habe ich meine Meinung geändert. Nicht dass ich jeden Tag nur rauchigen Whisky trinken möchte, nein, das hängt von der Tageskondition ab. Aber ab und zu sind mir die ganzen sherrysüssen, milden, schokoladigen, und fruchtigen Whiskys zu viel, und ich brauche einmal einen rauheren, intensiveren und weniger milden Geschmack. Zu solchen Zeiten hole ich dann meinen Laphroaig oder Ardmore hervor und genieße ihn. Fragen Sie mich aber lieber nicht, was das für ein Weg war, vom ersten getrunkenen stark rauchigen Whisky bis zum ersten genossenen stark rauchigen Whisky. Aber irgendwann ist der Geschmack so weit trainiert, dass er plötzlich in Aromen die er zuvor ablehnte die positven Noten schmecken kann. Das ist ein sehr wichtiges Ergebnis, Geschmack kann trainiert werden!
So, und da in meinen Bewertungen (Bewertungsskala von 1 - 7 Punkte) noch keine Whiskys dabei sind, die nur einen oder zwei Punkte haben, habe ich mich heute aufgemacht und im Supermarkt eine Flasche Johnnie Walker Red Label für knapp 15.- € erstanden. Das heißt, der Vollständigkeit halber möchte ich auch Whiskys im unteren Geschmacksbewertungsbereich verkostet haben, damit die Bewertungsskala wirklich gefüllt ist. Und bei der Bewertung dieses Whiskys, zu der wir nachfolgend kommen, wir es dann doch eine Überraschung geben.
Eine Information noch: Johnnie Walker Red Label Blended Scotch Whisky und der Tennessee Whiskey Jack Daniels Black Label Old No.7 sind die beiden meist verkauften Whiskys der Welt. Mal sehen ob das bezüglich des Red Label gerechtfertigt ist.
Johnnie Walker Red Label Blended Scotch Whisky
- Gegründet 1820 (Anwendung erster Blending-Methoden) von John Walker
- Alkoholgehalt 40% vol
- Preise im Internet zwischen 12.- und 15.- € für die 0,7-Literflasche (ohne Versand)
Das Aroma ist leicht rauchig (trockener Lagerfeuerrauch) und eine metallische Note drängt sich in den Vordergrund. Diese metallische Note hängt mit dem geringen Alter des Whiskys zusammen und würde bei längerer Fasslagerung immer mehr zurücktreten. Die Lagerzeit dürfte aber wohl kaum mehr als die gesetzlich vorgeschriebenen drei Jahre betragen womit sich diese metallsche Note erklärt.
Der Geschmack ist überraschend süß und mild und am Gaumen leicht malzig, keine Spur von Bitterkeit. Im zweiten Moment drängt sich leichter Rauch in den Vordergrund, und zwar kein Rauch wie geräucherter Schinken, sonder milder Lagerfeuerrauch. Im Mund schmeckt er unerwartet lange nach womit der Abgang mittellang bezeichnet werden kann. Keine Schärfe, dauernd mild bleibend. Natürlich fehlt die Komplexität im Geschmack, die erst durch längere Lagerzeit im Holzfass erreicht werden kann. In der Geschmacksbewertung erzielt dieser Whisky die Note 4,25 und liegt damit gleichauf mit dem in Schottland am meisten getrunkenen (Blended-) Whisky The Famous Grouse. Sein Preis-Leistungsverhältnis von 3,5 liegt im vorderen Bereich aller bewerteten Whiskys.
Insgesamt aber ein milder, einfacher und leichter Whisky, der durch seine leichte Süße und Malzgeschmack und den sich harmonisch überlagernden milden Rauch insgesamt ein angenehmes Geschmackserlebnis hinterlässt. Ich bin total überrascht!
Nachwort: Ja, so kann einen der Geschmack und das Gedächtnis, und auch natürlich die Voreingenommenheit, täuschen. Dieser Whisky wird zwar nicht einer meiner Lieblingswhiskys werden, aber unter den Blended Whiskeys nimmt er sicher eine herausragende Stellung ein. Damit verdient er sich auch die Auszeichnung der weltweit am meisten verkaufte Scotch Whisky zu sein. Und mit dem Auffüllen meiner Bewertungen mit der Geschmacksbewertung im Bereich von einem oder zwei Punkten ist es wieder nichts geworden. Da muss es also eindeutig schlechtere Qualität geben!
Im beigefügten Bild rechts: Die Flasche war von vorneherein ganz voll, allerdings hat die Neugierde auf den Geschmack, nach dem Kauf, vergessen lassen, dass erst ein Foto gemacht werden muss. Daher fehlt hier bereits der erste Dram!
4,25 | 3,5 |