WW13 - Brennereifehler
Single Malt Whiskys sind keine Einheitsware. Eine Garantie, dass die nächste Flasche exakt gleich schmeckt als die eben verkostete, gibt es nicht. Bei den massenweise verkauften Blended-Whiskys ist das schon eher der Fall. Der Masterblender hat ja gerade die Aufgabe, den Geschmack einheitlich zu halten. Aber ein Blend kann Bestandteile von mehreren Dutztend bis zu über 100 Whiskys beinhalten, was für einen Single Malt nicht der Fall ist.
Die meisten Single Malt Whiskys entstehen zwar auch aus einer Mischung von mehreren Fässern der einzelnen Destillerie, jedoch sind das weit weniger als bei den Blended Whiskys. Darüber hinaus müssen bei einem Single Malt natürlich alle Fässer aus der gleichen Brennerei stammen. Wäre das nicht der Fall, dann darf der Whisky sich nicht Single Malt nennen, sondern es ist ein Blended Malt. Früher nannte man diese Whiskys auch Vatted Malt. Steht überdies noch ein Alter auf der Flasche, was der Whiskyliebhaber eigentlich erwartet, dann verringert sich die Auswahl möglicher Fässer, auf Fässer die mindestens so alt sind wie auf der Flasche angegben.
Eine Single Cask Abfüllung darf dagegen, wie der Name schon sagt, nur aus einem einzigen Fass stammen. Bei diesen Whiskys ist daher die Wahrscheinlichkeit am größten, dass eine später nachgekaufte Flasche anders schmecken kann. Hierzu gibt es ausführliche Informationen unter WW9 - Der Fasseinfluss.
Mit dem Wort "Brennereifehler" aus der Überschrift sind alle möglichen Fehler gemeint, die in der Brennerei vorkommen können und negative Auswirkung auf den Geschmack des Whiskys haben. Das fängt an, bei Fässern die bereits so oft wiederbefüllt wurden, dass sie kein ausreichendes Aroma mehr in den Whisky bringen. Dies lässt sich allerdings weitgehend ausgleichen, indem dieser Whisky eine Nachreifung in einem erstbefüllten Fass erfährt. Dieses Fass bringt in relativ kurzer Zeit Geschmacksaromen und Farbe in den Whisky. Allerdings ist dies keine Garantie dafür, dass daraus dann ein Spitzenwhisky entsteht, denn die fehlenden Aromen der ersten Jahre fehlen auch noch nach der Nachreifung. Siehe hierzu auch den Artikel WW10 - Nachgereifte Whiskys.
Die schlimmsten Fehler jedoch können während des Gär- und Brennvorgangs gemacht werden, und diese sind dann meistens kaum mehr zu beheben.
Für den Gärprozess spielt die Hefe, neben der zuckerhaltigen Maische, die Hauptrolle. Wird beispielsweise zu viel Hefe zugegeben, oder aber der Gärprozess dauert zu lange, dann können, den Geschmack negativ beeinflussende Stoffe entsehten, die nur schwer wieder entfernbar sind.
Aufgabe der Hefe ist die Umwandlung, des durch das Mälzen im Gerstenkorn entstandenen Zuckers, in Alkohol. Damit die Hefe jedoch ihre Aufgabe erledigen kann, benötigt es einiger Voraussetzungen:
- Optimale Gärtemperatur
- Sauerstoff
- Stickstoff
Für die Umwandlung des Zuckers in Alkohol benötig die Hefezelle einen Beschleuniger oder Auslöser, in der Chemie Katalysator genannt. In diesem Fall handelt es sich um einen Biokatalysator, der nichts anders als ein Enzym darstellt. Enzyme gehören zur Stoffgruppe der Eiweiße. Ohne diese Enzyme startet der Gärprozess gar nicht, oder aber er läuft stark verlangsamt ab. Diese Enzyme müssen in ausreichender Menge zur Verfügung stehen und werden mit Hilfe des Stickstoffs von der Hefezelle hergestellt. Für den Fall, dass nicht ausreichend Stickstoff verfügbar ist, laufen andere chemische Prozesse ab, bei denen Schwefelwasserstoff und Essigsäureester entstehen, die beide für einen üblen Geruch sorgen.
Diese beiden, den Geruch und Geschmack stark negativ beeinflussenden Verbindungen, entstehen auch, wenn der Gärprozess zu lange andauert.
Es sieht so aus, dass die hohe Nachfrage nach Whisky so manchen Whiksyhersteller dazu verleitet, es mit der Auswahl seines Destillats nicht gar zu genau zu nehmen. Sonst wäre es kaum erklärlich, warum vom Grunde her sehr gute Whiskys teilweise mit einer nicht mehr vertretbaren schlechten Qualität abgefüllt werden. Hier sollte doch die Qualität noch immer Vorrang vor dem Gewinn haben, auch wenn dann die schlechte Qualität auch einmal vernichtet werden muss. Darüber hinaus muss die Frage erlaubt sein, ob die Herstellprozesse in den Brennereien fähig genug sind, dem heutigen Anspruch an Qualität, auch ohne Erzeugung und Verwendung von Ausschuß, gerecht zu werden. Vielleicht sollten hier auch einmal externe Auditoren vor Ort die Prozesse unter die Lupe nehmen, um Vorschläge für Verbesserungen zu finden, so wie dies auch in anderen Industriezweigen der Fall ist. Und, machen wir uns nichts vor, bei aller Verklärtheit zu unserem schönen Whiskyhobby, die Whiskybrennereien von heute sind nichts anderes als große Chemiefabriken (wenn auch sehr schöne ...).
Weitere Informationen zum Thema in einem Artikel des Online-Magazins Eye for Spirits