WW8 - Der Fasseinfluss auf den Geschmack eines Whiskys - Theorie - Teil 1
Bei der Bewertung des George Washington Kentucky Straight Bourbon Whiskeys tauchte schon einmal die Frage auf, worin sich ein sehr guter Whiskey von einem nicht so guten, bezüglich der Herstellung unterscheiden könnte. Diese Frage konnte dort nicht zufriedenstellend beantwortet werden, zumal bei den Kentucky Straight Bourbon Whiskeys fast alle denkbaren Einflussgrößen bei der Herstellung, durch Gesetz vorgeschrieben sind. Dies ist dort noch restriktiver der Fall, als bei den schottischen oder irischen Whiskys, da bei diesen noch eine breite Variation in der Fassauswahl möglich ist. Bei den Straight Bourbon Whiskeys ist dagegen das Holz, welches zur Herstellung der Fässer eingesetzt werden darf, genau vorgeschrieben, nämlich ausschließlich amerikanische Weißeiche. Allgemein wird davon ausgegangen, dass das Fass zu ca. 60 - 70% zum endgültigen Geschmack des Whiskys beiträgt. Das ist natürlich ein guter Grund, sich dieser Thematik etwas zu nähern.
Bedeutet die Vorschrift des sogenannten "Bourbon act", aus der die Forderung zur Verwendung von frischem Holz aus amerikanischer Weißeiche hervorgeht, dass damit jedes Fass aus Holz mit identischen Eigenschaften hergestellt wird? Diese Frage ist eindeutig mit nein zu beantworten. Die Eigenschaften des Holzes, welches von der amerikanischer Weißeiche stammt, hängt von Standort und Wuchsbedingungen jedes einzelnen Baumes ab. Wie ist das Klima an dem bestimmten Standort, wieviele Sonnenstunden pro Tag, Wind, Regen? Welche Qualität und Zusammensetzung hat der Untergrund, das heißt, der Boden auf dem der Baum wächst. Welche Gene aus Vermischungen der Arten haben sich im einzelnen Baum eingeschlichen? Die Auswirkungen solcher Einflüsse kann man am einfachsten erkennen, wenn man die unterschiedlichen möglichen Färbungen des Holzes aus amerikanischer Weißeiche anschaut. Das Farbspektrum reicht hierbei von einem hellen Gelb bis zu einem dunklen Braun, aber auch rosafarbene Töne kommen vor. Auf diese Farbunterschiede müssen vor allem die Möbelindustrie, aber auch die Hersteller von Parkettböden achten. Die unterschiedliche Farbgebung des Holzes ist nur ein offenstichtliches Merkmal, dass wir es nicht mit einem einheitlichen "Baustoff" für die Whiskeyfässer zu tun haben. Diese Farbunterschiede äußern sich nach innen auch über die Eigenschaften des Holzes.
Also stellen wir fest, die Definition "amerikanische Weißeiche" gibt zwar einen Eigenschaftsbereich für das Holz vor, aber innerhalb dieses Bereiches sind noch immer deutliche Unterschiede möglich.
Und das was für die amerikanische Weißeiche gilt, kann man vom Grundsatz her auch auf andere Holzarten übertragen. Holz ist ein Naturprodukt, weshalb die Spezifikationswerte der Eigenschaften eine weitaus größere Spannbreite aufweisen, als dies bei technisch hergestellten Materialien, beispielsweise einer bestimmten Stahlsorte oder eines bestimmten thermoplastischen Kunststoffes der Fall ist.
So, und mit dem Holz alleine ist es nicht getan. Frisches Holz kann nicht für die Herstellung von Whiskyfässern verwendet werden. Das Holz muss erst trocknen, und die natürliche Trocknung an Luft dauert zwischen 12 und 18 Monaten. Doch bei der natürlichen Trocknung des Holzes wird nicht nur der Feuchtigkeitsgehalt verringert, nein, es werden auch unerwünschte Aromen durch die natürlichen Niederschläge und den Austausch mit der umgebenden Luft vermindert. Mikroorganismen und Enzyme tun das ihre, um in dieser Trocknungsphase das Aroma des Holzes zu verändern. Um die lange Trocknungszeit abzukürzen gibt es natürlich Bestrebungen, die Trocknung industriell zu beschleunigen. Weil dabei jedoch der oben beschriebene Austausch mit dem umgebenden Klima nicht stattfinden kann und auch die Stoffumwandlung durch Enzyme nicht in gleichem Maße möglich ist, reift ein Whisky in einem Fass, dessen Holz künstlich und schnell getrocknet wurde, wesentlich langsamer als in einem Fass aus natürlicher Holztrocknung. Somit hängt die Qualität des Fasses, und damit die Qualität des späteren Whiskys, entscheidend auch davon ab, wie das Holz des Fasses gereift wurde, oder welchen Anteil natürlich getrockneten Holzes ein Fass aufweist.
Zusätzlich zu den wichtigen Einflussgrößen,
- der Lage der Eigenschaften des Holzes innerhalb der breiten Spezifikation
- der Länge und Art der Trocknung des Holzes
- den klimatischen Bedingungen während der Whiskylagerung,
kommt noch die spezifische Vorgeschichte des Fasses hinzu. Stichworte hierzu sind:
- Toasten, oder Auskohlen des Fasses (Schichtdicke, Intensität) --> Bourbon Fässer
- Vorbenutzung des Fasses (Sherrylagerung, Portweinlagerung, u.a.) --> Scotch, Irish
- Häufigkeit der Vorbenutzung (Erstbefüllung mit Whisky, mehrmalige Befüllung) --> Scotch, Irish
Die Frage, wie man einen guten oder schlechten Whisky erhält, ist mit diesem Grundwissen nun schon etwas leichter zu erklären. Einem Whisky, mit tendenziell weniger guten Aromen, könnten also folgende Vorbedingungen zu Grunde liegen:
- Schlechtere Holzauswahl, oder zufällige Abweichungen innerhalb einer Charge
- Hoher Anteil des Fasses an industriell schnell getrocknetem Holz
- Ungünstige Lage des Fasses innerhalb des Lagerhauses
So wie die Fachleute einer Brennerei, für Einzelfassabfüllungen die besten Fässer heraussuchen, und auch rechtzeitig bestimmen, welche Fässer es Wert sind, weitere Jahre zu lagern, so ist für jedes gelagerte Fass das Wissen um die Qualität seines Inhaltes entscheidend. So können eben Whiskys mit gleichem Brennereidatum, also derselben Ausgangsmaische und demselben Brennvorgang, je nach dem Fasseinfluss, am Ende doch unterschiedlich, oder auch unterschiedlich gut oder schlecht schmecken. Die schlechteren Fässer gehen normalerweise durch Mischung mit Fässern aus der gleichen Brennerei im Geschmack unter, wodurch nicht jedes, nicht optimal schmeckende Fass gleich vernichtet werden muss. Denn eines sollte man wissen, Fässer mit besonders optimalem Aroma sind in der Minderheit. Natürlich kann man die etwas schlechteren Fässer auch dafür benutzen, den Massenmarkt mit sehr günstigen Whiskys (um die 6.- € im Supermarkt) zu bedienen, wobei viele dann in der Blended-Whisky-Industrie aufgehen. Und um beim Bourbon zu bleiben, dem Thema zum Georoge Washington Whiskey, so ist dieser Whiskey nicht schlecht, aber ebenfalls ist er auch nicht gut. Es ist trinkbar und das für einen unschlagbaren Preis.
Im Teil 2 - Der Fasseinfluss - Praxis, wird an einem praktischen Beispiel gezeigt, wie sich der Einfluss eines bestimmten Fasses auf den Whisky auswirken kann.
Ausführlich beschäftigt sich ein Artikel unter "Whisky - Connaisseur" mit der Fassreifung und den dabei wichtigen chemischen Verbindungen welche für den Geschmack verantwortlich sind. Sehr empfehlenswert, wenn man etwas tiefer einsteigen möchte!